Sebastian 🌭 🎙️ 🌭 Jonas

S: Heute geht's um die Ikea-Hotdogs und deren Würstchen.

J: Wir lieben sie.

S: Das tun wir! Deshalb beschäftigen wir uns heute mit der Frage, warum diese Hotdogs so beliebt sind. Doch zuerst zur Einordnung, falls es da draußen Menschen gibt, die nicht genau wissen, was Ikea-Hotdogs sind: IKEA, das Möbelgeschäft, hat nach den Kassen für die Möbel den Schwedenshop und ein kleines Bistro. Dort kann man unter anderem Hotdogs kaufen, für einen kleinen Preis. Die Mitarbeiter geben einem ein heißes Würstchen in einem warmen Hotdog-Bun, und man kann es dann selber mit Röstzwiebeln, diversen Saucen und Gurken bestücken. Der Bereich zum Essen der Hotdogs ist üblicherweise mit Stehtischen ausgestattet. Der Boden ist voller Röstzwiebeln, und alle naselang kommt jemand mit einem Mop und wischt, weil's sonst beim Laufen knirscht.

J: Brechende Röstzwiebeln unter der Sohle gehören für mich zur Experience. Wer das anders sieht, ..., liegt falsch.

S: So nämlich!

J: Ja.

S: Jonas, du als Fan dieser Hotdogs, was macht sie so besonders für dich? Wie erklärst du dir, warum die Leute so gerne billige Hotdogs im Stehen essen?

J: Die haben sich halt die Hacken wundgelaufen im Ikea und haben Hunger. Ich denke, das ist die einfachste Erklärung, und warum sollte eine einfache Erklärung falsch sein?

S: Ok.

J: Die Hotdogs stehen im harmonischen Einklang mit den Grundwerten von Ikea: Du bekommst die Teile, der Rest ist dein Problem. Mittagessen, Montage erforderlich. Was könnte besser passen?

S: So hab ich das noch nie gesehen.

J: Hier lernst du noch was.

S: Danke.

J: Lass mich ausreden! Dieselben Leute, die gerade für einen gottlos hässlichen Beistelltisch abgezogen wurden, der nicht massiver sein kann als Styroporplatten, schädigen nun mit diebischer Freude denselben Großkonzern, dessen Bedienungsanleitungen ihre letzten zwei Ehekrisen ausgelöst haben, indem sie exorbitante Mengen Senf aufs Hotdog-Brötchen pumpen. Was ihnen keiner sagt: Selbst wenn sie den Reservekanister ihres VW Passats mit der schmackhaften Plörre, beschriftet mit "Snack Sauce", füllen, deckt das nicht annähernd die monetären und emotionalen Kosten, verursacht durch den jüngsten Zusammenbruch eines Pax-Kleiderschrank-Kompartments, von denen die übrigen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nach dem kommenden TK-Maxx-Shopping-Trip und spätestens beim nächsten Umzug das Zeitliche segnen.

S: Du bist also doch kein Ikea-Hotdog-Fan?

J: Was? Klar! Hör mir doch mal richtig zu!

S: Entschuldigung.

J: Die Ketchup-Pumpe ist wie eine kalte Quelle nach tagelangem Marsch durch die Wüste.

S: Verstehe.

J: Gut.

S: Der Hotdog ist eine Belohnung und ein Weg, sich Verlorenes wiederzuholen – wenn auch ein schlechter?

J: So sieht's mal aus.

S: Interessant.

J: Beim Ikea-Hotdog geht es auch um Kontrolle.

S: Wie darf ich das verstehen?

J: Der Rest von Ikea nimmt dir Kontrolle, ein Hotdog gibt sie dir zurück.

S: Bei Ikea hatte ich eigentlich nie das Gefühl, wenig Kontrolle zu haben.

J: Wie würdest du das Gefühl beschreiben, den geschmacklosen Einrichtungsentscheidungen derer ausgeliefert zu sein, mit denen du zusammenwohnst? Mit anzusehen, wie der dritte Nierentisch gekauft, der fünfte Seifenspender in den Korb gelegt wird? Ach, so ein Kleiderbügel noch, einen neuen Mülleimer braucht es auch, und während du sie allesamt verurteilst, ist dein Einkaufswagen schon randvoll mit allen möglichen Dingen, ausgenommen derer, weswegen du zu Ikea gegangen bist. Machtlosigkeit, das ist das Gefühl, an das ich bei sowas denken muss. Du bist zum Spielball der Gezeiten geworden. Nur eine bedeutungslose Kugel im Bällebad deines eigenen Verstandes.

S: Jonas, das klingt sehr existenziell.

J: Für mich ist es das. Doch es gibt immer das Licht am Ende des Tunnels, und das ist der Hotdog. In Hollywood bekommt der Junge am Ende das Mädchen. In Moorfleet bekommt der Jonas am Ende wenigstens ein Würstchen. Und es liegt Schönheit darin.